Das Kind hat einen Geist, der es befähigt, Wissen zu absorbieren (= aufzusaugen). Dieser „absorbierende Geist“ versetzt es in die Lage, die für das Kind bedeutsamen Aspekte seiner Umwelt und Kultur gleichsam wie ein Schwamm aufzusaugen.
Maria Montessori erkannte das Phänomen der „sensiblen Phasen“ bei Kindern. Dies sind Perioden von Empfänglichkeiten, in denen sich das Kind ganz besonders für bestimmte Dinge interessiert und sie deshalb leicht und schnell lernt. Nach dem Verklingen einer sensiblen Phase kann das Versäumte nur mit großem Willensaufwand erworben werden.
Maria Montessori vertritt radikal das Recht des Kindes auf Liebe; darauf, dass wir Erwachsenen das Kind genau beobachten und ihm das geben, was es braucht. Unter diesen Bedingungen wird sich das Kind als wertvoll erfahren. Es gewinnt Selbstbewusstsein und kann so auch mit Schwierigkeiten, auf die es immer wieder in seiner Umwelt stoßen wird, umgehen.
Die sensible Phase für Sprache
Sie befähigt das Kind, in kurzer Zeit seine Sprache nahezu fehlerfrei zu erlernen. Das Interesse an Buchstaben und Ziffern, am Schreiben und Lesen ist ebenfalls ein Merkmal dieser Phase.
Im Kinderhausalltag kommen das gemeinsame Miteinander, Geschichten, Musik, Lieder, Gespräche, Übungen zur Wortschatzerweiterung sowie das Sprachmaterial dieser Empfänglichkeitsperiode entgegen.
Beispiele:
Tischdecken und Tiere
Die sensible Phase der Ordnung
Das Kind entwickelt großes Interesse und eine ausgeprägte Fähigkeit, die Dinge in seiner Umgebung zu beobachten, zu entdecken und sicher und schnell wahrzunehmen.
In diesem Zusammenhang ist z.B. an die Materialien in den Regalen im Kinderhaus gedacht, die immer an derselben Stelle zu finden sind. Diese äußere Ordnung vermittelt ihm das Gefühl der Sicherheit und Strukturierung.
Äußere Ordnung führt zu innerer Ordnung.
(Maria Montessori)
Die sensible Phase der Bewegung
Der, in dieser Zeit zu beobachtende, Bewegungsdrang des Kindes versetzt es in die Lage, sich frei zu bewegen, seine Bewegungen zu koordinieren und willentlich zu steuern.
In der Praxis des Kinderhauses sind hier besonders die Übungen des praktischen Lebens ein vielfältiges Tätigkeitsfeld, wie zum Beispiel die Bewegungsabläufe beim Händewaschen, Wasser gießen und beim Gehen auf der Linie.
Auch bei der Arbeit mit dem Sinnesmaterial werden gezielte Bewegungen vom Kind gefordert, so muss es zum Beispiel zehnmal zum Regal gehen, um je einen Kubus vom Rosa Turm auf den Teppich zu tragen und ihn dort aufzubauen. Das einzelne Tragen der Kuben hat den Sinn, dass das Kind sowohl die sich verändernde Größe, als auch das Gewicht bewusst wahrnimmt.
Die sensible Phase für den Aufbau der Persönlichkeit
Damit ein Kind sich entwickeln kann, braucht es günstige Bedingungen. Wir bieten Gelegenheiten und Chancen zu experimentieren und Erfahrungen zu sammeln. Das Kind entfaltet seine Persönlichkeit, wenn es sich von uns angenommen fühlt und eine Atmosphäre vorfindet, die ihm Sicherheit vermittelt.
Uns ist es wichtig, dass jedes Kind lernt etwas alleine zu tun, wie z.B. sich an- und auszuziehen. So gewinnt es an Selbstvertrauen und Selbstständigkeit. Wir geben dem Kind dabei Zeit und die nötige Unterstützung, indem wir die Umgebung entsprechend vorbereiten und es sprachlich begleiten.
Die sensible Phase des sozialen Miteinanders
Im Miteinander lernt das Kind unbewusst soziales Verhalten und baut somit Erfahrungen auf, die es ihm ermöglichen, Personen und Dinge in Beziehung zueinander zu setzen.
Wir Erzieherinnen verstehen uns als Vorbild und leben den Kindern ein konstruktives Miteinander vor.
Um das soziale Miteinander bewusst erlebbar zu machen bieten wir immer wieder Gelegenheiten an, wie zum Beispiel im Tageskreis durch Gespräche, Spiele.
Darüber hinaus ergeben sich im Alltag vielfältige Situationen, in denen wir die Kinder bei Herausforderungen, im gemeinsamen Tun und bei Konflikten begleiten.