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Füchse und Mäuse bauen rosa Turm – Kinderhaus ganz groß im Odenwälder Echo

Das Odenwälder Echo brachte am Montag, den 26. Juni 2006 anlässlich unserer 25-Jahr-Feier einen großen Bildbericht über das Kinderhaus:

Füchse und Mäuse bauen rosa Turm

Montessori Kinderhaus: Erzieherinnen streben mit ihrer Arbeit eine frühe Eigenständigkeit der Mädchen und Jungen an

MICHELSTADT. Dass es auch im Umgang mit den Kleinsten unterschiedliche Ansätze in der Pädagogik gibt, erfährt der Besucher im „Integrativen Montessori Kinderhaus“ am Michelstädter Stadtring. Dort streben die Erzieherinnen eine frühe Eigenständigkeit der Mädchen und Jungen an. „Wir geben den Kindern Hilfestellungen, um ihren Stellenwert als einzigartiges Individuum aufzuzeigen und kreative Schübe zu entfesseln,“ sagt Sabine Hofmann vom Vorstand des Vereins. Denn prinzipiell ist das Kind sein eigener Baumeister und hat einen inneren Bauplan vorgegeben.

Dies deckt sich mit den Ansichten von Maria Montessori (1870 bis 1952), Ärztin und Begründerin der pädagogischen Theorie: „Wie jede Keimzelle bereits den Bauplan des ganzen Organismus in sich trägt, ohne dass dies irgendwie feststellbar wäre, so enthält jedes neugeborene Lebewesen, welcher Gattung es immer angehört, in sich den Bauplan jener psychischen Instinkte und Funktionen, die das Wesen instand setzen sollen, zur Außenwelt in Beziehung zu treten.“ Freilich, liebevoll betreut und sorgsam behütet sind Kinder im Montessori Kinderhaus ohne Frage. Doch werden sie nicht über Gebühr betüttelt

Denn: „Hilf mir, es selbst zu tun!“, ist ein weiterer Anspruch der Erzieherinnen. Im Vordergrund steht die Eigenständigkeit und Selbsttätigkeit als Vorbereitung auf Lebenssituationen. Bereits ab einem Alter von acht Monaten ist es möglich, an einem bestimmten Nachmittag der Woche den Nachwuchs für zwei Stunden den Erzieherinnen der drei Vorgruppen anzuvertrauen.

„Dies ist gewissermaßen der Einstieg in die Montessori-Pädagogik und fördert den Lösungsprozess von den Eltern,“ erläutert Hofmann, die als Sprachwissenschaftlerin an der Uni in Frankfurt arbeitet. Mamas und Papas sind im Kinderhaus beinahe regelmäßig anzutreffen, denn Engagement wird groß geschrieben. Selbstverständlich gibt es auch eine integrative Gruppe in dieser Gemeinschaft, denn Kinder mit Behinderungen gehören dazu. Alle lernen von- und miteinander. Die Regelgruppe nennt sich „Füchse“. Zeitflexibel geht es bei den „Mäusen“ zu. Die können vier, sechs oder auch acht Stunden bleiben. Besonders für berufstätige Elternteile ist dies von Vorteil.

Jedes Kind kann in einer vorbereiteten Umgebung frei wählen, was, wie lange und mit wem es arbeiten möchte. Gleichsam wird es darin unterstützt, sich längere Zeit an eine Aufgabe zu wagen. Durch Erfolge im Handeln entstehe somit ein großes Maß an Selbstsicherheit. Gerade wenn der „rosa Turm“, ein Gebilde mit unterschiedlich großen Würfeln, richtig zusammengesetzt wurde, tritt der Stolz über den Erfolg im Gesicht der kleinen Architekten zu Tage. Das Frühstück für die Kinder wird von einer Küchenkraft frisch zubereitet, den Einkauf besorgen die Eltern.

Manchmal backen diese auch frische Waffeln oder andere Köstlichkeiten. Ein Mittagstisch wird von außerhalb geliefert. Insgesamt sind 70 Plätze im Haus vorgesehen. Hinzu kommen die drei Vorgruppen mit je zehn Kindern. Dem bisweilen kursierenden Vorwurf, dass das Montessori–Kinderhaus ein Hort für die Sprösslinge der Besserverdienenden und Akademiker sei, widerspricht Vorstandsmitglied Hofmann: „Hier sind alle soziale Schichten vertreten. Ein Teil unserer Plätze wird vom Sozialamt finanziert.“ Wer sich für diesen Kindergarten entscheidet, darf seine Motivation voll einbringen.

Zusätzlich zum Regelbeitrag sind pro Familie im Jahr 20 Arbeitsstunden zu leisten. Nicht geleistete Arbeitsstunden werden den Eltern mit 16 Euro pro Stunde berechnet. 25 Jahre bereits gibt es das Kinderhaus. Am Sonntag wurde mit einem gut besuchten „Tag der Offenen Tür“ Geburtstag gefeiert. Informationen gibt es unter Telefon 06061 922394.

Michael Lang
26.6.2006